Katia.schreibt #29: Ich bin frisch verliebt - in Berlin (und Zeit zu zweit)
Tipps für einen (Paar-)Trip in die Hauptstadt
Meine Beziehung zu Berlin war lange eine schwierige. Die Stadt ist für mich wie dieser smarte Typ, mit dem alle abhängen wollen - weil er cool ist und charismatisch, weil er aufregend ist und ein richtiges Feierbiest. Bis man merkt, dass es ihm an Tiefe mangelt und an Empathie sowieso, weil er nur um sich kreist und dass man sich mit ihm meist schlechter als besser fühlt.
Foto: Pavel Nekoranec/Unsplash
So ging es mir jedenfalls, als ich Anfang der 00er-Jahre für einen Job in die Hauptstadt zog, voller Vorfreude auf mich in einer neuen Stadt. Ich wollte mich im arm-aber-sexy-Glanz sonnen, ich wollte im Cookies auf dem Tresen tanzen, ich wollte Inspiration und “dit is Berlin”-Vibes und mich dabei neu erfinden. Um es kurz zu machen: Berlin und ich hatten kein Happy End. Nach zwei Jahren war ich zurück in Hamburg - meinem Happy Place bis heute - und extrem erleichtert, diese toxische City-Zeit hinter mir gelassen zu haben.
Aber wie das so ist mit gescheiterten Beziehungen: So ganz kommt man nicht davon los. Wobei ich mittlerweile erkannt habe: Berlin und ich werden nie zusammen alt werden, aber für eine kurze Liaison haben wir immer noch Potenzial. Man muss nur die richtige Begleitung finden, ein saisonales Match (nie wieder Berlin im Winter!) und den passenden Bezirk.
Womit Berlin mich gerade rumgekriegt hat? Mit Sommerfeelings in Prenzelberg - als Paarzeit an drei heißen Juli-Tagen. Das war so schön, so stimmig und gar nicht so überwältigend, wie sich Berlin für mich sonst oft anfühlt. Es war eine Seite der Stadt, die sich vorher gut vor mir verborgen hatte: nicht aufgedreht, latent unfreundlich und krass, sondern nachbarschaftlich nett, familiär und deutlich aufgeräumter als der Kreuzberger Wrangelkiez, in dem ich damals gewohnt - und an dem ich trotz aller Widrigkeiten sehr gehangen habe.
Vielleicht ist auch das eine Frage des Alters - meine Sturm- und Drang-Phase ist schon lange vorbei - jedenfalls war ich diesmal vollends damit zufrieden, zwischen sympathischen Hipster-Familien mit Babboe-Lastenrädern zu flanieren. Auch die FOMO-Gefühle, die mich in der Stadt der 1000 Möglichkeiten sonst gern plagen, hatten diesmal Pause. Vielleicht, weil wir uns nur auf die Tage konzentriert und die Nächte zum Schlafen genutzt haben. Vielleicht auch, weil das einzige Ziel unserer Paar-Auszeit in der Stadt das gewesen ist, uns endlich mal wieder treiben zu lassen - keine Pläne, keine Verpflichtungen, etwas, das mit unseren Kindern bislang nicht möglich ist.
Und es war herrlich: Wir hatten eine wirklich bezaubernde kleine AirBnB-Wohnung in einer Seitenstrasse der Schönhauser Allee (es war diese hier), die für die Tage mit 33 Grad im Schatten perfekt war, weil im Hinterhof-Erdgeschoss mit kleiner Terrasse gelegen. Fußläufig lag der Helmholtzplatz, den mir eine Freundin noch kurz vor unserem Trip als schönste Ecke Berlins ans Herz gelegt hatte:
Imposante Gründerzeit-Altbauten, die einen kleinen Park mit ausladenenden Bäumen säumen - eine kleine grüne Insel mitten in der Stadt. Und drumherum lauter hübsche Cafés, Bars, Restaurants und Concept Stores. Das Berlin für Hamburger, wie eine Freundin kürzlich witzelte. Wahrscheinlich habe ich mich deshalb so wohl gefühlt. Und ehrlicherweise haben wir dort auch SEHR viel Zeit verbracht - unser Stadt-Flanieren war mehr ein Schlendern von Lieblings-Spot zu Lieblings-Spot in eng gefasstem Radius. Weil alles so einladend war, so lecker klang, so viel Flair hatte.
Unsere Highlights am Helmi (und drumherum in Prenzelberg):
Frühstück:
Am ersten Morgen sind wir ins Ewig Freunde gegangen - und haben es nicht bereut! Megalecker die hausgemachten Bagels mit dem besten Tomatenpesto ever, Avocado, Cream Cheese und Rührei - boah!
Richtig gut war auch das Frühstück im Tilda gleich nebenan: Eine kunstvoll drapierte Früchte-Granola-Bowl, fast zu schade zum Essen, dazu verdammt guter Kaffee - und wohnen kann man gleich im Apartment dahinter.
Für die Rückfahrt haben wir im bezaubernden Café Boulangerie noch knusprig buttriges Pain au Chocolat und Spinat-Quiche rausgeholt - und ich fand’s so schade, dass wir keine Zeit mehr hatten, dort noch einen Café au lait zu trinken: Aus den Lautsprechern pluckerte französischer Jazz, über der Retro-Theke hingen kunterbunt gemischte Jugendstil-Lampen - ich hatte sofort Frankreich-Feelings!
Allein der Name Love at first bite - so ein schönes Café im Kollwitz-Kiez gleich ums Eck vom Helmholtzplatz. Wir haben auf dem Weg nach Mitte zwar nur einen Café getrunken - aber die Frühstückskreationen links und rechts von uns auf den Tischen sahen auch fantastisch aus. Außerdem sitzt man so nett im Schatten großer Bäume auf der Straße - oder im idyllischen Garten-Hinterhof, den wir leider zu spät entdeckt haben. Vermutlich müssen wir einfach noch mal wieder kommen.
Dinner:
Von der Mittelmeer-Mezze im No Bananas waren wir mehr als geflasht: Ceviche mit Pfirsich und Fenchel, Artischocken-Herzen mit Burrata und Berlins beste Falafel-Kreation - was für eine Geschmackexplosion! Dazu draußen auf dem breiten Trottoir sitzen, spannende Menschen gucken und drölfzig verschienenen Sprachen lauschen - Berlin ist ein echter Melting Pot in Sachen Styles und Nationalitäten.
Shopping:
Weil ich vor Abfahrt meine Birkis nicht finden konnte (sie lagen am Ende unter dem Schreibtisch), musste ich in Berlin natürlich Schuhe shoppen gehen. Schon im Vorbeilaufen war ich am Schaufenster von Goldmarie hängengeblieben - und stand einen Tag später im tollen Shop von Juliane, die aussieht wie eine Kopenhagenerin, aber eine echte Berliner Schnauze hat. Ihre schnörkelos stylishen Schuhe designt sie selbst und lässt sie in Portugal fertigen - super Qualität zu fairen Preisen (und echte signature pieces). Das Beste: Ihre Schuhe gibt’s auch online…
Mein Herz schlägt ja immer schon für Vintage, klar, dass ich beim Café-Stop im Love at first bite kurz gegenüber ins Hilly’s spotten musste: Tolle Second-Love-Mode nachhaltiger Labels - ich bin mit einer korallenroten Armedangels Sommerhose wieder rausspaziert. Lucky me.
Was mindestens genauso schön war wie das Wiederentdecken der Hauptstadt, war das Wiederentdecken von uns als Paar. Nicht nur zu genießen, dass wir überhaupt so viel in Cafés abgehangen haben, dass wir es uns haben gut gehen lassen. Sondern zu spüren, dass wir zu zweit auch immer noch gut sind. Dass wir miteinander reden, genießen, schweigen können. Dass wir keine Kinder als Kitt brauchen, sondern uns selbst immer noch genug sind. Dass wir Themen abseits von Familie, Job und Orga finden, dass wir immer wieder zusammen und neue Inspiration finden. Das macht mich froh.
Nach vielen Jahren, in denen wir als chronisch erschöpfte Eltern für unsere Auszeiten die maximale Entspannung von Wellness-Hotels gesucht haben, freue ich mich gerade sehr über unsere neu entfachte Stadtlust. Und hab auch schon eine ganze Liste an zukünftigen City-Trips parat: Kopenhagen steht auf meiner Bucketlist ganz oben, dicht gefolgt von Porto und Bordeaux. Und wo zieht es euch für Paar-Auszeiten hin…?
PS: Übrigens habe ich über Städtetrips ohne Kids gerade auf Lumao, dem Magazin für Familienreisen, geschrieben: Warum Paar-Trips ohne Kids meine heimlichen Urlaubs-Highlights sind. Lest gern mal vorbei!
PPS: Für Berlin habe ich mir ganz viel Stadt-Inspirationen bei Mit Vergnügen abgeholt - mach’ ich auch immer für Hamburg und gibt`s ebenfalls für München und Köln und sogar als Reisevergnügen für Urlaubsinspos. Immer so gute Tipps!
Dickes B, oben an der Spree
Im Sommer tust du gut und im Winter tut's weh
Mama Berlin, Backstein und Benzin
Wir lieben deinen Duft, wenn wir um die Häuser zieh'n
Seed, Band
Fünf Dinge, die mich gerade happy machen
Katia.schreibt: Auch wenn das Freelancer-Dasein derzeit ein ziemliches Auf und Ab ist - mein Fels in der Brandung ist mein wöchentlicher Katia.schreibt-Post. Das ist mein kreativer Happy Place und ich freue mich so sehr, dass ihr dabei seid! Und weil heute der erste Samstag im Juli ist, würdet ihr mich noch ein bisschen glücklicher machen, wenn ihr mir eine freiwillige Spende dalasst. Ihr gebt, was ihr mögt, ich euch ganz viel Liebe.
Katia.schreibt ist eine Mitten-im-Leben-zwischen-den Stühlen-Kolumne mit Texten zwischen Mama-Wahnsinn und Wechseljahrs-Punk und erscheint jeden Samstag morgens zum ersten Kaffee. Weil schreiben nicht nur meine Leidenschaft, sondern auch mein Beruf ist, freue ich mich über alle, die meine Arbeit mit einer Spende unterstützen mögen.
Foto: Tabitha Turner/Unsplash
Cold Brew Coffee: Wow - mein erster selbstgebrauter war ein echter Überraschungs-Coup. Ich meine: Wie gut kann Kaffee schmecken, den man kalt aufgießt und 12 bis 18 Stunden im Kühlschrank ziehen lässt? Mein Kaffee: Besser! Ehrlich: Ist für den Rest des Sommers gesetzt, weil soo viel vollmundiger - ich hab ihn sogar freiwillig schwarz getrunken, weil er so aromatisch war. Für den Cold Brew Coffee einfach Kaffeepulver mit der gewünschten Menge Wasser kalt aufgießen und verschlossen für zwölf bis 18 Stunden kühlen. Danach durch einen Filter abgießen und am besten auf Eis an einem knallheißen Sommertag trinken.
Pineapple Street: Noch so ein Summerread, den man wunderbar inhalieren kann, während draußen dreißig Grad plus sind. Pineapple Street ist eine Straße im New Yorker Nobelviertel Brooklyn Heights, wo die Familie Stockton zu Hause ist. Die Familie atmet Geld - und struggelt doch an vielen Ecken, was sich vor allen an den Kindern und deren Partnern ablesen lässt. Abwechselnd aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt, entfaltet der Roman leichtfüßig und doch nicht ohne Tiefe ein Familienmosaik um Geschwisterdynamiken, aussichtsloser Liebe und Klassenunterschieden, die Gräben aufreißen.
Durand Jones & The Indications: Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ich liebe diese Soul-Band, die so retro klingt, dass ich lange überzeugt war, sie stamme aus den 70ern. Gerade ist das neue Album “Flowers” komplett erschienen - und ich feiere es: smooth, sommerlich, schön.
Skordalia: Kartoffelmus auf griechisch peppt die Knolle ordentlich auf. Dazu 1 kg mehlige Kartoffeln und 10 Knofizehen in der Schale kochen, bis sie gar sind, dann pellen und durch eine Kartoffelpresse drücken. Das Püree mit gutem Olivenäöl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer würzen und in der Pfanne sanft geschmorte Kräuter wie Rosmarin, Estragon, Oregano und Petersilie gemeinsam mit gerösteten Mandeln drüberstreuen. Kalí órexi!
Alles Liebe, bis nächsten Samstag,
Katia
P.S.: Wenn ihr unten auf das Herz klickt, geht meines so richtig auf und ganz nebenbei helft ihr damit auch noch anderen, meine Texte zu finden. Mille Mercis!
Danke, liebe Katia! Es hat mich so an unseren letzten Berlintrip erinnert. Letzten Sommer hat es mich einfach überkommen. Als die Kinder und der Mann schon eingeschlafen waren, rief ich meine Schwiegermama an und fragte sie, ob sie für 20 Stunden den Laden schmeißen würde. Sie stimmte zu und ich buchte uns sofort ein schönes Hotel. Mein Mann war ganz schön überrascht, als ich ihm am nächsten Morgen davon erzählte 😀 Das war unsere erste Zeit absolut zu zweit in den letzten 10 Jahren! Und es war herrlich! Letztendlich waren es weniger als 24 Stunden, die jedoch reichten, um unsere Akkus wieder aufzuladen. Als ich neulich meiner Schwiegermutter die Fotos von dem besagten Abend in Berlin zeigte, fragte sie mich, wo denn die Kleine gewesen war. Und konnte nicht glauben, dass sie damals tatsächlich mit allen 4 Kindern bei uns über Nacht blieb 😅
Dieses Jahr wollen wir für 2 Tage nach Hamburg!
P.S.: Ich musste wirklich lachen, weil unsere Nacht tatsächlich genauso verlief. Wir sind einfach erschöpft in den Schlaf gefallen.
Hallo Katia!
Ich bin gerade mit meiner besten Freundin in Amsterdam und dieses Mal haben wir unsere Männer mitgenommen und hatten 2 sehr schöne Tage. Wir haben nämlich beschlossen, uns keine großen Sachgeschenke mehr zu machen... wir schenken uns stattdessen gemeinsame Zeit.
So waren wir die letzten Jahre auch schon in Irland und Paris und wir nehmen immer schöne Erinnerungen und meist lustige Geschichten mit nach Hause. Und da es zwischen uns passt, haben wir ein paar Programmpunkte, lassen uns aber auch treiben.
Gestern bei Sonnenschein wagemutig Amsterdam mit dem Rad erkundigt, heute dann das Schifffahrtsmuseum mit interessanten Eindrücken. Morgen geht es wieder mit 10 stündiger Fahrt zurück, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt und bleibt in unseren Erinnerungen.
Liebe Grüße
Andrea